Im Sommer 2015 spazierte ich mit meiner besten Freundin und
unseren Müttern durch eine kleine Stadt an der Ostseeküste und wir erzählten
ihnen von unseren Träumen.
In zwei Jahren würden wir weggehen. Weit weg. Neuseeland oder
Australien, vielleicht auch Amerika. Wir würden ein Jahr dort bleiben, wo der
Sommer Winter ist und das Leben schön. Wir würden uns irgendwo bewerben und
dann würden wir unsere Koffer packen und losfliegen. Auf einen anderen
Kontinent, in ein anderes Leben. Im Sommer 2016 kam ich aus dem Urlaub zurück und mir stiegen die Tränen in die Augen, als ich erfuhr, dass ich einen Platz für ein Auslandsjahr in Finnland bekommen hatte.
Mein Name ist Lona, ich bin 15 Jahre alt, lebe in Berlin und
werde in ungefähr sechs Monaten für ein Jahr nach Finnland gehen.
Ich hatte schon lange die Vorstellung davon, selbst ein
Auslandsjahr zu machen. Mindestens seit ich begriffen habe, was das überhaupt
ist.
Vor anderthalb Jahren, Ende der neunten Klasse, begann ich dann
konkret darüber nachzudenken und mich ein wenig zu informieren. Als ich realisierte, dass ein Auslandsjahr bedeutete, die elfte Klasse ein Jahr später zu machen und somit nach meinen Klassenkameraden, mit 19 Jahren, mit der Schule fertig zu sein, kamen Zweifel in mir auf. Die Vorstellung fand ich komisch und doof. Ich zögerte.
Trotzdem träumte ich weiter.
Auf jeden Fall was englischsprachiges, sagte ich von Anfang an.
Als ich dann im Herbst irgendwann einen Infoabend für Schüler
der neunten und zehnten Klasse besuchte, stand meine Entscheidung eigentlich
fest. Ich wollte ein Auslandsjahr machen.
Dieses Jahr würde kein Verlust werden.
Im Gegenteil, es würde eine Erfahrung sein, die ich sonst niemals machen könnte.
Dann begann die Recherche, um herauszufinden, wie das überhaupt alles funktioniert, mit diesem Auslandsjahr. Wann, wohin und vor allem mit wem?
Schließlich, nachdem ich einige Websites hoch- und runtergescrollt hatte, einige Flyer durchgekaut und einige viele Erfahrungsberichte und Blogs gelesen hatte, stand meine Entscheidung über die Organisation fest.
Ich wollte meinen Traum mit YFU realisieren.
Ich kann nur sagen, dass ich diese Entscheidung bis heute keine
Sekunde bereut habe.
Ich habe noch keinen Menschen innerhalb der Organisation
getroffen, der unfreundlich war und außerdem war mir diese Organisation von
Anfang an vollkommen sympathisch. Sie sprach mir einfach zu, ich fühlte mich
wohl und richtig und das hat sich zum Glück noch nicht geändert. Bis ich mich tatsächlich bewarb, dauerte es noch, denn die Bewerbungsfrist für 2016/2017 war noch gar nicht eröffnet.
Die Online-Bewerbung bei YFU ging problemlos.
Ich musste einige formelle Sachen ausfüllen, einige Fragen nach
dem Warum und dem Wie beantworten und einen Entwicklungsbericht schreiben,
welcher einem persönlicheren und ausführlichen Lebenslauf nah kommt. Und
natürlich die Länderwahl. Mein Erstwunsch, nachdem Neuseeland nicht möglich
war, hieß Australien, danach folgten sämtliche Länder mit der
Hauptlandessprache Englisch.
Dann hieß es erstmal warten.
Ende Juni hatte ich mein Auswahlgespräch und noch einer
Freundin, die ihres im September hatte, wurde gesagt, sie sei früh dran.
Auf das Gespräch habe ich mich nicht besonders vorbereitet, aber
es lief ganz in Ordnung und hat Spaß gemacht.
Danach musste ich wieder warten. Und nachdenken.
Denn für Australien gibt es um die 200 Bewerberinnen und
Bewerber. Und 3 Plätze, haben sie gesagt.
Ich dachte sehr viel nach. Las noch mehr Blogs und noch mehr
Berichte.Und dann warf ich alles um. Den ganzen Plan: Ich will unbedingt Englisch sprechen, ich liebe Englisch.
Man konnte die Länderwahl noch einmal verändern und ich änderte fast alles. Australien blieb als unrealistische Option auf dem ersten Platz danach folgten durcheinander gewürfelt Länder, die mich interessierten. Eigentlich wollte ich auch nach Südafrika. Ich fand das faszinierend.
Als ich endlich, nach vierzehn Tagen Italienurlaub in den
Sommerferien im August wieder kam und meine Mama mir erzählte, ich habe Post
von YFU, wusste ich bereits beim Anblick des großen Umschlages, dass ich einen
Platz habe. Ein großer Umschlag ist fast immer gut, sagt meine Schwester. Und
die hat schon viele Bewerbungen in ihrem Leben verschickt.
Man erwartet vielleicht Freudensprünge und Umarmungen und
Glücksgefühle. Aber als ich den Umschlag öffnete wurde mir schlecht. Da stand
es schwarz auf weiß. Alles, was ich gewollt hatte. Aber es war so endgültig.
Wisst ihr? Wenn ihr selbst ein Auslandsjahr gemacht habt oder eines machen
werdet, und diesen Moment selbst erlebt habt, dann wisst ihr vielleicht.
Dass die mich nach Finnland schicken wollen (ja, so drückte ich
das am Anfang aus) realisierte ich erst mit der Zeit. Finnland. Keine Ahnung.
Ich hatte mich nur am ein wenig damit beschäftigt, da ich es als nur eines vieler Wunschländer gar nicht 100-prozentig in Betracht gezogen hatte. Kalt. Schwere Sprache. Sauna.
Irgendwie sowas.
Und ich begann wieder mal zu googeln.
Und je mehr ich las, desto mehr Angst bekam ich und desto mehr
freute ich mich.
In der Zeit, den zwei Wochen, in denen ich meine Entscheidung
treffen musste, waren viele Leute mit gutem Rat an meiner Seite, dafür bin ich
sehr dankbar.
Wann genau ich mich entschieden habe, weiß ich nicht.
Es gab die Möglichkeit, den Platz nicht anzunehmen und sich
woanders nochmal für ein anderes Land zu bewerben. Aber irgendwann wusste ich einfach, dass ich dahin will. Dass ich das machen will.
„Ich mach das ja, mit Finnland.“, sagte ich. Es fühlte sich gut
an, das auszusprechen.
Heute bin ich hier, schon ein paar Schritte weiter, und Finnland
fühlt sich für mich so passend an, wie sonst nichts.
Jetzt irritiert mich der Gedanke an andere Länder. Südafrika?
Was soll ich denn da? Und Costa Rica? Das wäre nichts für mich.Ich weiß nicht, ob mein Kopf sich das so ausgedacht hat, ob Einbildung da auch ´ne Bildung ist. Oder ob YFU einfach für mich die richtige Entscheidung getroffen hat. Aber mein Gefühl sagt mir ja, zu dem Land der 1000 Seen, Mitternachtssonnen und Zimtschnecken.
Meine Reise hat schon begonnen, obwohl ich noch weit davon
entfernt bin meine Koffer zu packen. Hier möchte ich Euch mitnehmen. Vielleicht
helfe ich Euch ja, mir haben Berichte von anderen Menschen auf jeden Fall immer
sehr geholfen. Bei Fragen, Anregungen oder wenn ihr einfach etwas sagen wollt,
schreibt mir gerne.
Alles Liebe,
Lona