Seit dem 2. August
bin ich nun schon in Finnland und heute verbringe ich den dritten
Abend mit meiner Gastfamilie.
Am Mittwoch, nach
einer Woche voller Koffer ein-, aus- und umpacken, letzte
Kleinigkeiten besorgen und vielen Tränen, bin ich um 5 Uhr morgens
aufgewacht und konnte einfach nicht mehr einschlafen. Dabei war ich
nicht einmal so nervös. Bis ich dann, nachdem die letzten Stunden
zuhause mir wie Tage vorkamen, um kurz nach 8 am Flughafen stand. Ich
konnte kaum still stehen vor Aufregung, und meine größte Sorge war,
dass ich für mein wirklich drastisches Übergewicht bezahlen muss.
Aber die Frau am Schalter ignorierte die anderthalb Kilo zu viel und
ich habe nicht mitbekommen, ob mein Handgepäckkoffer, welcher 12,
statt 8kg wog, kontrolliert wurde.
Dann saß ich da
also, im Flugzeug, mit meinen lieben drei Mitreisenden
Austauschschülern.
Erst nach Frankfurt,
wo wir die anderen Deutschen trafen, dann nach Helsinki, wo auch der
Rest wartete. Ich dachte immer, wenn ich dann erstmal im Flugzeug
sitze, dann realisiere ich, was hier eigentlich passiert. Nun ja,
fünf Tage später, mit meiner Gastschwester auf dem Sofa,
Pinienbäumen vor meiner Nase und Dauerregen, habe es immer noch
nicht wirklich begreifen können.
Auf der
zweistündigen Fahrt vom Flughafen nach Anjala, wo das
YFU-Arrival-Camp stattfindet, sahen wir, finnland-typisch, Bäume
über Bäume, ein bisschen Wasser und ab und zu eine kleine rot-weiße
Holzhütte.
Die drei Tage im
Camp waren, ein bisschen wider Erwarten, wirklich toll. Ich habe
nochmal viel über Finnland gelernt, so viele interessante Menschen
getroffen und als wir am letzten Abend nach der Sauna auf der
Terrasse standen und in die Natur geschaut haben, haben wir uns schon
ziemlich echt finnisch gefühlt. Wenn ich am Samstagnachmittag nicht
so gespannt auf meine Gastfamilie gewesen wäre, hätte ich mir
gewünscht, noch ein bisschen länger dort zu bleiben.
Nachdem wir gefühlt
ewig gewartet haben, bis auch die Gastfamilien ihre
Informationsveranstaltung besucht hatten, haben wir uns endlich
getroffen. Ich war in dem Moment so nervös, dass ich wirklich
gezittert habe, aber das ging ganz schnell vorbei. Und dann ging es
endlich nach Hause. Nach einer, zum Glück nicht allzu langen Fahrt
und einem Zwischenstopp in einem finnischen Restaurant in Porvoo,
erreichten meine neue Familie und ich mein neues Zuhause. Meine
Familie? Diese besteht aus meinem Gastvater, meiner Gastmutter,
meiner 13-jährigen Gastschwester, meinem 11-jährigen Gastbruder und
ein paar Fischen im Aquarium. Zusammen werden wir für die nächsten
11 Monate in einem wunderschönen, großen, lichtdurchfluteten Haus
in Tuusula wohnen. Tuusula? Ein Ort im Süden Finnlands, etwa 40km
nördlich von Helsinki mit knapp 40.000 Einwohnern. Es gibt drei
Zentren, Jokela, Kellokoski und das größte, wo auch meine Schule
sein wird, Hyrylä. Der Rest, zu dem auch unser Haus gehört, ist
sehr ländlich. Ich habe das große Glück, dass unser Haus direkt am
Tuusulanjärvi-See liegt, der etwa 10km lang und schön ist. Der
Ausblick aus den Fenstern oder von der Terrasse ist wirklich
unglaublich und ich freue mich sehr, im Gegensatz zu Berlin, auch
wenn ich diese Stadt liebe, mal irgendwo zu wohnen, wo es ruhig ist
und ich erstmal eine Weile fahren muss, um einen Shoppingcenter oder
ähnliches zu finden.
Nachdem ich bei
unserem ersten gemeinsamen Essen gesagt habe, ich würde Harry Potter
lieben, haben wir gleich am ersten Abend einen Teil gesehen. Dann
durfte ich die Sauna ausprobieren und habe mich eingerichtet.
Gestern sind wir
dann, nachdem mein Gastvater und meine Gastschwester mit mir und dem
Auto einmal den See umrundet haben und mir die nächstgelegene Stadt,
Järvenpää und meine Schule gezeigt haben, nach Helsinki gefahren.
Dort waren wir erst lecker thailändisch essen – meine Gastfamilie
scherzt, dass sie nicht wissen, was sie vegetarisches für mich
kochen soll – und dann im größten Fußballstadion Finnlands, um
das Spiel des Vereins meiner Gastfamilie HJK Helsinki gegen den FC
Lahti zu sehen. Nach diesem 0:0, was mir aber trotzdem großen Spaß
gemacht hat, haben wir Freunde meiner Gastfamilie zum Essen und
Kaffee trinken besucht.
Am Abend, gegen halb
elf, als ich gemütlich Finnisch Vokabeln gelernt habe, hat mein
Gastbruder auf einmal gefragt, ob ich mit schwimmen gehen möchte.
Und natürlich -
oder vielleicht auch nicht natürlich - hab ich´s gemacht! (Dazu sei
gesagt, dass ich an dem Tag zwei Oberteile und eine Jacke anhatte, um
nicht zu frieren.) Es war wirklich kalt, aber es war auch echt schön.
Heute haben wir den
Tag begonnen, indem wir nach Vantaa gefahren sind, denn dort ist der
nächstgelegene, große Shoppingcenter. Meine Gastschwester brauchte
Hosen und Schulzeugs und ich hab Socken und Stifte gekauft. Danach
haben wir gekocht. Am Nachmittag sind wir erst zu einem Café
gefahren, um Kuchen zu essen. Ich esse wirklich unglaublich viel hier
und bewege mich kaum… Hoffentlich ändert sich das, wenn die Schule
am Donnerstag anfängt.
Eigentlich wollten
wir eine Fahrkarte und eine Büchereikarte für mich besorgen, aber ich war so intelligent, und habe meinen Ausweis vergessen. Also waren wir stattdessen auf einem Flohmarkt und danach habe ich beim Cheerleader-Training meiner Gastschwester zugeschaut.
Alles in allem waren
es wirklich schöne erste Tage und als mein Gastvater mich, als er
nach Hause gekommen ist, gefragt hat, ob ich immer noch glücklich
bin, hier zu sein, konnte ich mit einem breiten Lächeln ehrlich „ja“
antworten.
Meine Zimmertür, über die ich mich sehr gefreut habe |
Im Stadion |
Unsere Badestelle |
Tuusulanjärvi |
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