Das letzte
Wochenende war wirklich total schön! Freitagabend hatten meine
Gasteltern zur „Tuusula Night of Arts“ alle anderen Gastfamilien
im Umkreis und noch andere Freunde eingeladen. Ich habe mich so
gefreut, meine lieben anderen Austauschschüler wiederzusehen und wir
hatten einen echt schönen Abend, an dem wir zum einen gelernt haben,
dass man unter 18 nicht mal zu einer Bühne auf einem Straßenfest
kommt.
Samstag hab ich mich
dann wieder mit Antonia getroffen, die nicht nur wie ich aus Berlin
kommt, sondern zufällig nur 20 min Fahrradweg von mir entfernt wohnt
(oder 35, wenn man so gerne im Kreis fährt wie ich). Zusammen sind
wir nach Järvenpää geradelt und haben dort noch einen Kumpel vom
Arrival Camp getroffen, der übers Wochenende zu Besuch war. Doch
statt wie geplant zu dem dortigen Straßenfest zu gehen, haben wir es
nur geschafft ein Eis zu essen und dann einem der heftigsten Gewitter
des Jahres zwei Stunden von Subway aus zuzugucken.
Zum Glück war am
Sonntag, als wir uns nochmal dort gesehen haben, zusammen mit unseren
Gastfamilien und anderen Austauschschülern, und das Konzert von
Saara Aalto angeschaut haben, besseres Wetter.
Und nun war ich
schon eine Woche in der Schule. Eine Woche, die ein bisschen komisch,
ein bisschen aufregend, ein bisschen anders und ein bisschen neu war.
Das Resultat, dass
sich eigentlich schon Mittwoch zeigte, ist, dass mich die berüchtigte
Austauschschüler-Müdigkeit jetzt auch eingeholt hat. Ich dachte
erst, ich würde verschont, aber wahrscheinlich war es nur die
Tatsache, dass ich noch Ferien hatte und die Aufregung über alles
Neue überwog. Aber jetzt hab ich einfach dauernd das Gefühl,
schlafen zu können.
Die Schule hier ist
tatsächlich ziemlich anders, als ich es kenne.
Ich gehe in Hyrylä
aufs Lukio, die finnische Bezeichnung für High School. Die Tuusulan
Secondary Upper School ist relativ groß, mittelmäßig modern und
bis jetzt gefällt es mir wirklich.
Allgemein gibt es in
Finnland eine Unterteilung des Schuljahres in Jakso, die fünf bis
sechs Wochen lang sind und mit einer Woche für Prüfungen ende.
Letzten Freitag fing
für mich der Unterricht eigentlich richtig an und seitdem habe ich
meinen Stundenplan gefühlt schon 10mal geändert. Ich darf mir meine
Kurse zum Glück selber wählen und bin jetzt mit dem Ergebnis
(Sport, Kunst, Mathe, Deutsch, Englisch und Biologie), das es mir
möglich macht, mich nicht den ganzen Tag zu langweilen, weil ich
nichts verstehe, sehr zufrieden.
Jede Schulstunde ist
hier 75 Minuten lang, und obwohl ich vorher dachte, dass das kaum
auszuhalten ist, ist es mir bis jetzt noch nicht negativ aufgefallen.
Eher positiv. Denn dadurch haben meine Tage maximal vier
Schulstunden, also vier Fächer. Auch ungewohnt ist, dass man jedes
Fach dreimal die Woche hat, auch Sport und Kunst und so, und die
Zeiteinteilung nicht, wie in Deutschland, unterschiedlich ist.
Das Niveau kam mir
erst, vor allem in Englisch und Mathe sehr niedrig vor. Zum Beispiel
haben 10-Klässler gerade gelernt, mit negativen Zahlen zu rechnen.
Aber in meinem neuen Mathekurs, eine Klassenstufe höher, haben wir
ein Buch, welches wir in den 16 Unterrichtsstunden ganz
durcharbeiten. Ein Kapitel pro Stunde und wer nicht hinterherkommt,
muss zuhause weitermachen.
Trotzdem habe ich
nicht das Gefühl, dass die Schüler gestresst wirken. Das lockere
Verhältnis zu den Lehrern, die man duzt und mit denen man Scherze
macht, schafft auch eine ziemlich lockere Atmosphäre. Die meisten
Lehrer haben auch kein Problem gehabt, mir ihr Buch zu leihen, etwas
auf Englisch zu erklären oder mir den Weg irgendwohin zu zeigen.
Sogar diejenigen, die nicht gut Englisch sprechen, bemühen sich. Und
meine Sportlehrerin hatte totales Verständnis dafür, dass Huiyin,
meine chinesische Nachbarin und Austauschschülerin, und ich 20
Minuten zu spät am Sportplatz auftauchten, weil wir einen riesigen
Umweg gelaufen waren.
Tatsächlich habe
ich mich sonst aber noch nicht wirklich verlaufen, da die Schule
relativ strukturiert aufgebaut ist und die Räume beschriftet sind.
Außer mir und
Huiyin werden insgesamt noch vier andere Austauschschüler auf
unserer Schule sein. Davon noch drei deutsche Mädchen. Eine ist
bereits diese Woche angekommen und wir verstehen uns sehr gut! (wenn
ihr wissen wollt, wer genau: www.tuusulaandme.wordpress.com
) – auch wenn Austauschschülercliquen generell kein Ziel sein
sollten – es tut echt gut, mal Deutsch zu sprechen. Ich bin schon
gespannt, wer noch so alles kommt!
Natürlich gibt es
das obligatorische einer finnischen Schule: WLAN und kostenloses
Mittagessen.
Das WLAN ist gut,
viele Schüler benutzen Laptops im Unterricht und auch wenn, wie uns
gesagt wurde, Handys im Unterricht eigentlich nicht erlaubt sind, hat
eigentlich jeder seins auf dem Tisch. Das Mittagessen wurde von jedem
– der meiner Auffassung nach nicht zur Schule geht – immer als
gesund und lecker angepriesen. Die vegetarisch/vegane Option gibt es
wirklich immer, aber ich würde es allgemein eher als undefinierbar
und in Maßen essbar bezeichnen. Aber es gibt immer Brot und Butter
(wie sowieso überall, aber dazu in einem anderen Post mehr) – also
verhungern werde ich nicht!
Die Schüler, außer
dass sie mehr Make-Up tragen, als ich gewohnt bin und Caps im
Unterricht, si ziemlich ähnlich zu denen in Deutschland. Für mich
war es ein bisschen komisch, da ich fast in jedem Kurs sehr nette
Menschen getroffen habe, mit denen ich mich dann unterhalten hab und
die mich mit zum Mittagessen genommen haben und mit denen ich dann in
manchen Fällen noch unsere Snapchatnamen ausgetauscht habe. Aber am
nächsten Tag hat man jemand anderen kennengelernt und denjenigen von
gestern nur noch im Gang „hallo“ gesagt.
Aber ich glaube,
genau darum geht es. Um diese kleinen Momente, wo jemand dir
zulächelt, auf dich wartet, während du noch mit einem Lehrer redest
oder dich zu deinem nächsten Raum bringt oder einfach kurz stehen
bleibt und fragt, wie´s läuft.
Genauso mit meiner
Gastfamilie. Wenn man nicht jeden Tag von seinen Freunden oder seiner
Familie in den Arm genommen wird, schätzt man es so viel mehr, wenn
der Gastbruder nach Hause kommt und einen umarmt oder die Gastmama
einen am ersten Schultag hinfährt und sagt, sie ist genauso
aufgeregt, wie als sie ihre Kinder damals in die erste Klasse
gebracht hat. Die kleinen Momente zählen, wenn die Gastschwester
einen fragt, ob man mit ihr Monopoly spielen will oder der Gastvater
wissen will, wie dein Tag war. Ich weiß, das klingt so abgegriffen
und jeder hat das wahrscheinlich schon mal gelesen, gesagt oder
gehört. Auch ich wusste das, bevor ich hierher kam. Aber noch nie
ist es mir so sehr aufgefallen. Noch nie habe ich diese Momente so
sehr bemerkt.
Jeder kleine Moment,
der dich ein bisschen mehr zuhause fühlen lässt, der dir zeigt,
dass sich jemand freut, dass du hier bist, ist ein Moment, der es so
wertvoll macht, hier zu sein.
Realisiert habe ich
es immer noch nicht und ich sehe mich schon, kurz vor meiner Abreise,
wie ich dasitze und denke „Wie, das war´s jetzt?“, aber manchmal
gibt es so Augenblicke, in denen mir plötzlich einfällt, wo ich bin
und was ich mache und dann werde ich automatisch richtig glücklich.
Mein Zimmer sieht
schon aus wie bewohnt (Wäscheberg auf dem Wäschekorb statt
drinnen...sorry Mama! <3) und ich hab ein Netflix-Profil bei
meiner Familie. Ich weiß nicht richtig, wann ich etwas zuhause
nennen kann, aber wenn der Geruch des Hauses schon so vertraut ist,
wenn man herein kommt, kann das nur ein gutes Zeichen sein.
Ich fühle mich sehr
wohl hier.
Und jetzt habe ich
noch ein bisschen Zeit, bevor ich das mache, worauf ich bis jetzt am
meisten stolz bin: mich mit zwei Mädchen aus meiner Schule treffen.
Ich hoffe es geht
euch allen gut! Und obwohl es hier so schön ist: Ihr fehlt
mir!
Fühlt euch gedrückt,
Fühlt euch gedrückt,
Lona
Ich gehe fast jeden Tag spazieren, weil es einfach zu schön ist, einen Wald und einen See vor der Tür zu haben. |
Am Mittwochnachmittag waren wir auf der Insel Suomenllinna, bei einem YFU-Picknick - so ein schöner Ort! |
PS: Und nein, ich
kann immer noch kein Finnisch ;)
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