Samstag, 16. Dezember 2017

Suomi Sata - Happy Birthday Finland!

 (English version below)

"Oi maamme, Suomi, synnyinmaa,
soi, sana kultainen!
Ei laaksoa, ei kukkulaa,
ei vettä, rantaa rakkaampaa,
kuin kotimaa tää pohjoinen,
maa kallis isien!" 
Oder übersetzt
"O Heimat, Finnland unser Land
Kling laut, du teures Wort!
Kein Land, so weit der Himmelsrand.
Kein Land mit Berg und Tal und Strand
Wird mehr geliebt als unser Nord,
Hier unsrer Väter Hort."
Das ist die erste der elf Strophen der finnischen Nationalhymne, welche ich in der letzten Woche ziemlich oft gehört und gesungen habe (zu meinem Glück wird bei Anlässen immer nur die erste und die letzte Strophe gesungen). Der Mittwoch letzter Woche, der 6.12., war ein Feiertag in Finnland. Und zwar ein ganz besonderer. Der nationale Unabhängigkeitstag. Und was diesen Tag dieses Jahr noch besonderer macht ist, dass Finnland dieses Jahr 100 Jahre alt geworden ist. Vor exakt hundert Jahre, 1917, wurden sie endlich als unabhängig erklärt und gehörten von da an weder zu Schweden noch zu Russland oder zu sonst irgendeinem Staat. Ich habe großes Glück, genau dieses Jahr hier zu sein, denn es ist etwas sehr spezielles. Die ganze Zeit schon gab es alles mögliche in Suomi Sata ("Finnland 100") Version. Schokolade, Geschirr, T-Shirts, Konzerte... Der Musical-Kurs an meiner Schule, an dem auch ich teilnahm, performte eine Art Improvisationsstück, mit einer musikalischen Zeitreise durch die letzten Jahrzehnte. Schon Wochen vorher wurde auf dem Schulgelände mit blauen und weißen Papieren und einer Menge Schülern die finnische Flagge und die Zahl 100 geformt. Und mit meiner Tanzschule haben wir die Geschichte eines sehr bekannten finnischen Buches, die Kalevala, in Tänzen erzählt.
Und, weil es so eine einmalige Sache ist, haben wir das nicht nur Mittwoch, sondern gleich eine ganze Woche zelebriert. 
Statt normalen Kursen in der Schule hatten wir eine sogenannte Juhlaviikko, also "Feierwoche". Jeder Schüler bekam ein Papier in die Hand gedrückt (natürlich auch mit passendem Suomi 100 Aufdruck) und machte sich auf den Weg durch verschiedene Workshops oder Vorträge. Beipspielsweise hat irgendjemand einen langes, dramatisches Video über Finnlands Präsident*innen gemacht, ein finnischer Paralympics-Star, Toni Piispanen, hat eine Rede gehalten, oder es wurden Plakate zur finnischen Geschichte gestaltet. Auch außerhalb der Schule hatte meine Woche viel mit dem Unabhängigkeitstag zu tun. Montag hatte mein Gastbruder eine kleine Feier in seiner Schule. Als er ein finnisches Lied gesungen hat, hab ich mich wirklich wie eine stolze große Schwester gefühlt und der etwa 10-jährige Junge, der hinter dem Buffet saß, hat mich ermahnt, weil ich angeblich zu viel Schokoladenbonbons genommen habe... 
Dienstag hatten wir dann eine Feier in meiner Schule. Wir sollten uns "ordentlich und schön" anziehen, denn gleichzeitig haben auch einige Leute ihre Abschlusszeugnisse bekommen (wenn man in drei Jahren nicht fertig wird mit seinen Prüfungen, kann man sein Abi hier auch nach dreieinhalb oder vier Jahren machen). Alles war in blau-weiß dekoriert und die Tische in der Cafeteria waren schön gedeckt. Zur Feier des Tages gab es für alle Kuchen zum Nachtisch, bevor die Zeremonie anfing. Für mich war diese Zeremonie etwas ganz neues und sehr interessantes. Als erstes wurde ein vom Nationalkomponisten komponiertes Stück gespielt und alle mussten aufstehen, als die Flagge feierlich hereingetragen wurde. Mit zwei Mädchen in traditioneller Uniform dahinter. Dann wurde die sogenannte "Message of Freedom", eine Nachricht der Kriegsveteranen für die nächsten Generationen, verlesen und ganz offiziell von den ältesten Schülern an die ein Jahr jüngeren weitergegeben. Nachdem eine Schülerin und die Schulleiter der Junior High und der High School Reden gehalten haben, haben die Abiturient*innen ihre Zeugnisse bekommen, eine Rose und eine Mütze, die so aussah, wie eine Matrosenmütze. Danach wurde gesungen, das Flaggenlied und die Hymne. Ich war die ganze Zeit sehr berührt. In Deutschland erlebt man dieses Feiern der Nationalität nie wirklich. Ich kannte es nicht, dass die Hymne in der Schule gesungen wird, dass irgendjemand feierlich eine Flagge hisst oder dass am Unabhängigkeitstag jeder Bilder auf sozialen Netzwerken postet, um zu zeigen, wie glücklich und stolz man auf sein Land ist. Ich habe nie ein Gefühl gehabt, stolz darauf zu sein, Deutsche zu sein. Ich habe das nie als meinen Verdienst gesehen, mich nie wirklich damit identifiziert. Doch umso schöner und herzerwärmend war es, hier zu erleben, wie die Menschen ihr Land und dessen Unabhängigkeit gefeiert haben. Und ein bisschen vergessen, dass ich ja eigentlich gar keine Finnin bin, konnte ich schon, als wir bei unserer Musicalaufführung aus tiefstem Herzen "On pohjantähden alla, tää koti mulla mainen, mä elämästä laulan, sillä oonhan suomalainen" ("Here under the pole star, there is that earthly home of mine. Singing about life, because I am Finnish") gesungen haben. Nach der Feier habe ich zuhause nur mein Kleid gewechselt und dann sind meine Gastfamilie und ich zu einer befreundeten Familie gefahren, die eine Unabhängigkeitsparty gescmisssen hat. Mit blau-weißen Kerzen und "Happy Birthday Finland" Kuchenstücken. Jede Familie sollte etwas vorführen und obwohl ich kein Wort verstanden habe, waren der Rap über Finnland, das moderne Puppentheater des Nationalbuches "Kalevala" und die tänzerische Reise durch die verschiedenen Epochen sehr beeindruckend und wir hatten einen super schönen Abend. Den Mittwoch dann, den eigentlichen Feiertag, an dem niemand zur Arbeit oder zur Schule musste, haben wir bei der jährlichen Cheerleading-Vorführrung meiner Schwester verbracht. Dann haben wir Kerzen auf dem Friedhof aufgestellt und schließlich, ganz traditionell, im Fernsehen gesehen, wie der Präsident und seine Frau ganzen 1600 Menschen die Hand schütteln und einen schönen Unabhängigkeitstag ("Hyvää itsenäisyyspäivää") wünschen. 
Jetzt hängen immer noch Girlanden in unserer Schule, aber das meiste ist vorbei. 
Ich hatte eine großartige Woche und bin so dankbar und glücklich, dass ich das erleben durfte. 
Natürlich musste auch ich am Mittwoch ein Bild posten und diesem Land danken. Dieses Land, in dem ich das bis jetzt wahrscheinlich beste Jahre meines Lebens verbringe. Dieses Land, das mir schon so viele neue, unglaubliche Sachen gezeigt und gelehrt hat und dieses Land, das ich, nicht trotz, sondern auch wegen seiner Kälte, seiner Dunkelheit, seiner Macken, seiner Sprache, so sehr liebe. Das Land, das ich für keinen anderen Ort als meine zweite Heimat eintauschen wollen würde. 

***

"Oi maamme, Suomi, synnyinmaa,
soi, sana kultainen!
Ei laaksoa, ei kukkulaa,
ei vettä, rantaa rakkaampaa,
kuin kotimaa tää pohjoinen,
maa kallis isien!"

 or translated

"Oh our land, Finland, land of our birth,
ring out, the golden word!
No valley, no hill,
no water, shore more dear
than this northern homeland,
precious land of our fathers."

This is the first of eleven verses of the Finnish national anthem. I heard and sang that plenty of times last week (lucky me, they only sing the first and the last verse on official occasions). Last weeks Wednesday, the 6th of December, was a holiday in Finland. And a really special one. It was the National Indepence Day. And the fact that Finland finally became independet from Russia and Sweden exactly hundred years ago, made the day even more special this year. I´m really lucky to be here in this year, because it´s a really big thing. Since I´m here I could find items related to Suomi Sata ("Finland Hundred") everywhere. Chocolate, dishes, clothes - even festivals and concerts... The musical club of my school, in which I participated, did an anniversary musical, with traveling back in time, singing songs from different decades. Weeks before a lot of students formed the Finnish flag with white and blue papers on the school yard. And my dance school performed the story of a really famous Finnish book, the Kalevala.
And because your country turning 100 is such a unique thing, we didn´t just celebrate on Wednesday, we celebrated the whole week. 
Instead of normal classes in school we had a Juhlaviikko (celebration week). Every student got a sheet of paper (of course with Suomi 100 print) and went through different workshops and presentations. For example we watched a long and dramatic video about Finlands presidents, a national hero, the paralympics-champion Toni Piispanen held a speech or we made posters about Finnish history. 
But outside of school my week had a lot to do with the Indepence Day as well. On Monday afternoon my brother had a small celebration in his school. When he sang a  Finnish song, I truly felt like a proud sister and the approximately ten year old boy behind the buffet admonished me for taking too much chocolate...
On Tuesday we had a celebration in my school, which was combined with the graduation of some people (when you can´t finish your high school studies in three years you can graduate after three and a half or four years). We were told to dress nicely, everything was decorated in blue and white and the lunchtables were set. Celebrating the day we got cake for dessert before the ceremony started. For me the ceremony was something completely new and really interesting. First, a piece of music composed by the national composer was played and everyone had to stand up as the flag was brought into the auditorium. Then the "Message of Freedom" was read out loud. It´s a message from the war veterans that tells the next generations to keep fighting for their rights and their freedom. As a tradition it is officially given to the younger students by the seniors every year on the Independence Day celebration. After a student and the principals held a speech, the graduates got their final grades, flowers and a hat that looked like a sailor cap. In the end, we sang. The flag song and the national anthem. I was kind of touched the whole time. Coming from Germany, this whole "celebrating my nationality" thing was unknown to me. I never sung the anthem in school (or at all), I never experienced someone solemnly raising a flag or people posting pictures everywhere on the Indepence Day, to show how much they love their country and how proud they are. I never thought I was proud to be German. I never saw that as something I achieved, I never really identified myself with that. But that made it even more beautiful and heart warming to see, how people celebrated their country and its independence. And I could almost forget that I´m actually not a Finn during our musical performances, when we sang "On pohjantähden alla, tää koti mulla mainen, mä elämästä laulan, sillä oonhan suomalainen" ("Here under the pole star, there is that earthly home of mine. Singing about life, because I am Finnish") with all our heart. 
I only changed my dress after the celebration, then my host family and I went to another family who threw an Independence Day party. With blue and white candles and "Happy birthday Finland" inscription on the cake. Every family had to perform something and even though I didn´t understand much, the rap about Finland, the puppet theatre of the "Kalevala" or the dances from different epochs were great and we had a really nice evening. 
The Wednesday, the actual holiday, where no one had to go to work or to school, we spent at the annual cheerleading performance of my sister. We also went to the graveyard to light some candles and in the evening we watched the president and his wife on TV, shaking 1600 thousand hands and wishing a good Independence Day ("Hyvää itsenaisyyspäivää"). 
Now there are still some garlands in our school, but most of Suomi Sata is over. 
I´ve had an awesome week and I´m so happy and thankful that I was able to experience that. And of course I also had to post a picture on Wednesday to thank this country. This country, that is my home, for the so far best year of my life. The country that already showed and taught me so many new, incredible things. The country that I love so much, not even though, but also because of its cold, its dark, its oddness and its language. The country that I would´t trade for any other one to be my second home. 






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