Samstag, 19. August 2017

Die erste Woche in der Schule und wie ich mich so fühle


Hallo ihr Lieben!


Das letzte Wochenende war wirklich total schön! Freitagabend hatten meine Gasteltern zur „Tuusula Night of Arts“ alle anderen Gastfamilien im Umkreis und noch andere Freunde eingeladen. Ich habe mich so gefreut, meine lieben anderen Austauschschüler wiederzusehen und wir hatten einen echt schönen Abend, an dem wir zum einen gelernt haben, dass man unter 18 nicht mal zu einer Bühne auf einem Straßenfest kommt.

Samstag hab ich mich dann wieder mit Antonia getroffen, die nicht nur wie ich aus Berlin kommt, sondern zufällig nur 20 min Fahrradweg von mir entfernt wohnt (oder 35, wenn man so gerne im Kreis fährt wie ich). Zusammen sind wir nach Järvenpää geradelt und haben dort noch einen Kumpel vom Arrival Camp getroffen, der übers Wochenende zu Besuch war. Doch statt wie geplant zu dem dortigen Straßenfest zu gehen, haben wir es nur geschafft ein Eis zu essen und dann einem der heftigsten Gewitter des Jahres zwei Stunden von Subway aus zuzugucken.

Zum Glück war am Sonntag, als wir uns nochmal dort gesehen haben, zusammen mit unseren Gastfamilien und anderen Austauschschülern, und das Konzert von Saara Aalto angeschaut haben, besseres Wetter.



Und nun war ich schon eine Woche in der Schule. Eine Woche, die ein bisschen komisch, ein bisschen aufregend, ein bisschen anders und ein bisschen neu war.

Das Resultat, dass sich eigentlich schon Mittwoch zeigte, ist, dass mich die berüchtigte Austauschschüler-Müdigkeit jetzt auch eingeholt hat. Ich dachte erst, ich würde verschont, aber wahrscheinlich war es nur die Tatsache, dass ich noch Ferien hatte und die Aufregung über alles Neue überwog. Aber jetzt hab ich einfach dauernd das Gefühl, schlafen zu können.



Die Schule hier ist tatsächlich ziemlich anders, als ich es kenne.



Ich gehe in Hyrylä aufs Lukio, die finnische Bezeichnung für High School. Die Tuusulan Secondary Upper School ist relativ groß, mittelmäßig modern und bis jetzt gefällt es mir wirklich.

Allgemein gibt es in Finnland eine Unterteilung des Schuljahres in Jakso, die fünf bis sechs Wochen lang sind und mit einer Woche für Prüfungen ende.

Letzten Freitag fing für mich der Unterricht eigentlich richtig an und seitdem habe ich meinen Stundenplan gefühlt schon 10mal geändert. Ich darf mir meine Kurse zum Glück selber wählen und bin jetzt mit dem Ergebnis (Sport, Kunst, Mathe, Deutsch, Englisch und Biologie), das es mir möglich macht, mich nicht den ganzen Tag zu langweilen, weil ich nichts verstehe, sehr zufrieden.

Jede Schulstunde ist hier 75 Minuten lang, und obwohl ich vorher dachte, dass das kaum auszuhalten ist, ist es mir bis jetzt noch nicht negativ aufgefallen. Eher positiv. Denn dadurch haben meine Tage maximal vier Schulstunden, also vier Fächer. Auch ungewohnt ist, dass man jedes Fach dreimal die Woche hat, auch Sport und Kunst und so, und die Zeiteinteilung nicht, wie in Deutschland, unterschiedlich ist.

Das Niveau kam mir erst, vor allem in Englisch und Mathe sehr niedrig vor. Zum Beispiel haben 10-Klässler gerade gelernt, mit negativen Zahlen zu rechnen. Aber in meinem neuen Mathekurs, eine Klassenstufe höher, haben wir ein Buch, welches wir in den 16 Unterrichtsstunden ganz durcharbeiten. Ein Kapitel pro Stunde und wer nicht hinterherkommt, muss zuhause weitermachen.

Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass die Schüler gestresst wirken. Das lockere Verhältnis zu den Lehrern, die man duzt und mit denen man Scherze macht, schafft auch eine ziemlich lockere Atmosphäre. Die meisten Lehrer haben auch kein Problem gehabt, mir ihr Buch zu leihen, etwas auf Englisch zu erklären oder mir den Weg irgendwohin zu zeigen. Sogar diejenigen, die nicht gut Englisch sprechen, bemühen sich. Und meine Sportlehrerin hatte totales Verständnis dafür, dass Huiyin, meine chinesische Nachbarin und Austauschschülerin, und ich 20 Minuten zu spät am Sportplatz auftauchten, weil wir einen riesigen Umweg gelaufen waren.

Tatsächlich habe ich mich sonst aber noch nicht wirklich verlaufen, da die Schule relativ strukturiert aufgebaut ist und die Räume beschriftet sind.

Außer mir und Huiyin werden insgesamt noch vier andere Austauschschüler auf unserer Schule sein. Davon noch drei deutsche Mädchen. Eine ist bereits diese Woche angekommen und wir verstehen uns sehr gut! (wenn ihr wissen wollt, wer genau: www.tuusulaandme.wordpress.com ) – auch wenn Austauschschülercliquen generell kein Ziel sein sollten – es tut echt gut, mal Deutsch zu sprechen. Ich bin schon gespannt, wer noch so alles kommt!

Natürlich gibt es das obligatorische einer finnischen Schule: WLAN und kostenloses Mittagessen.

Das WLAN ist gut, viele Schüler benutzen Laptops im Unterricht und auch wenn, wie uns gesagt wurde, Handys im Unterricht eigentlich nicht erlaubt sind, hat eigentlich jeder seins auf dem Tisch. Das Mittagessen wurde von jedem – der meiner Auffassung nach nicht zur Schule geht – immer als gesund und lecker angepriesen. Die vegetarisch/vegane Option gibt es wirklich immer, aber ich würde es allgemein eher als undefinierbar und in Maßen essbar bezeichnen. Aber es gibt immer Brot und Butter (wie sowieso überall, aber dazu in einem anderen Post mehr) – also verhungern werde ich nicht!

Die Schüler, außer dass sie mehr Make-Up tragen, als ich gewohnt bin und Caps im Unterricht, si ziemlich ähnlich zu denen in Deutschland. Für mich war es ein bisschen komisch, da ich fast in jedem Kurs sehr nette Menschen getroffen habe, mit denen ich mich dann unterhalten hab und die mich mit zum Mittagessen genommen haben und mit denen ich dann in manchen Fällen noch unsere Snapchatnamen ausgetauscht habe. Aber am nächsten Tag hat man jemand anderen kennengelernt und denjenigen von gestern nur noch im Gang „hallo“ gesagt.

Aber ich glaube, genau darum geht es. Um diese kleinen Momente, wo jemand dir zulächelt, auf dich wartet, während du noch mit einem Lehrer redest oder dich zu deinem nächsten Raum bringt oder einfach kurz stehen bleibt und fragt, wie´s läuft.


Genauso mit meiner Gastfamilie. Wenn man nicht jeden Tag von seinen Freunden oder seiner Familie in den Arm genommen wird, schätzt man es so viel mehr, wenn der Gastbruder nach Hause kommt und einen umarmt oder die Gastmama einen am ersten Schultag hinfährt und sagt, sie ist genauso aufgeregt, wie als sie ihre Kinder damals in die erste Klasse gebracht hat. Die kleinen Momente zählen, wenn die Gastschwester einen fragt, ob man mit ihr Monopoly spielen will oder der Gastvater wissen will, wie dein Tag war. Ich weiß, das klingt so abgegriffen und jeder hat das wahrscheinlich schon mal gelesen, gesagt oder gehört. Auch ich wusste das, bevor ich hierher kam. Aber noch nie ist es mir so sehr aufgefallen. Noch nie habe ich diese Momente so sehr bemerkt.

Jeder kleine Moment, der dich ein bisschen mehr zuhause fühlen lässt, der dir zeigt, dass sich jemand freut, dass du hier bist, ist ein Moment, der es so wertvoll macht, hier zu sein.

Realisiert habe ich es immer noch nicht und ich sehe mich schon, kurz vor meiner Abreise, wie ich dasitze und denke „Wie, das war´s jetzt?“, aber manchmal gibt es so Augenblicke, in denen mir plötzlich einfällt, wo ich bin und was ich mache und dann werde ich automatisch richtig glücklich.


Mein Zimmer sieht schon aus wie bewohnt (Wäscheberg auf dem Wäschekorb statt drinnen...sorry Mama! <3) und ich hab ein Netflix-Profil bei meiner Familie. Ich weiß nicht richtig, wann ich etwas zuhause nennen kann, aber wenn der Geruch des Hauses schon so vertraut ist, wenn man herein kommt, kann das nur ein gutes Zeichen sein.

Ich fühle mich sehr wohl hier.

Und jetzt habe ich noch ein bisschen Zeit, bevor ich das mache, worauf ich bis jetzt am meisten stolz bin: mich mit zwei Mädchen aus meiner Schule treffen.



Ich hoffe es geht euch allen gut! Und obwohl es hier so schön ist: Ihr fehlt mir!
Fühlt euch gedrückt,

Lona

Ich gehe fast jeden Tag spazieren, weil es einfach zu schön ist, einen Wald und einen See vor der Tür zu haben.






Am Mittwochnachmittag waren wir auf der Insel Suomenllinna, bei einem YFU-Picknick - so ein schöner Ort!


PS: Und nein, ich kann immer noch kein Finnisch ;)







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